Ge-Leit-Sterne

Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen,
der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung
des Worts Mensch ist, und er ist nur da
ganz Mensch, wo er spielt.

(Friedrich Schiller)

… die im herzen barfuss sind

(Reiner Kunze „zitiert“ Jan Skácel)

Ist der Wunsch nach Schönheit der
Wunsch nach Beschönigung?

(Michael Ende,
Mein Lesebuch,
aus: fischer, Anstelle eines Vorworts: Vierundvierzig Fragen an den geneigten Leser)

Aber im Grunde war es schon immer so,
dass es nicht besonders viele
Komiker gab, die auf die
leiseren Töne setzten.

(Ueli Bichsel,
Interview in Der BUND, 29.04.2010)

… es reift unsere Kunst vieleicht

bald zur Stille der Schönheit;


(Friedrich Hölderlin)

Jetzt rede du!

Du warest mir ein täglich Wanderziel,
Viellieber Wald, in dumpfen Jugendtagen,
Ich hatte dir geträumten Glücks so viel
Anzuvertraun, so wahren Schmerz zu klagen.

Und wieder such ich dich, du dunkler Hort,
Und deines Wipfelmeers gewaltig Rauschen –
Jetzt rede du! Ich lasse dir das Wort!
Verstummt ist Klag und Jubel. Ich will lauschen.

(Conrad Ferdinand Meyer)

Es bedarf einer gewissen Behutsamkeit, es bedarf vieler
Geduld, der Abstreifung vieler vorgefasster Meinungen, vieler
vorausträumender Wünsche, vieler blindwaltender Forderungen,
es bedarf eines gewissen Abstandes zu sich selber und zur Welt,
eines langsam ausreifenden Gleichgewichtes aller in
uns veranlagten Komponenten und Bewusstseinsstrukturen

(Jean Gebser,
Ursprung und Gegenwart, DTV 1988, 3. Auflage, S. 405)

Fünftes Prinzip:
Der Föderalismus beruht auf der Liebe zur Komplexität, im
Gegensatz zur brutalen Vereinfachung, die den Geist
des Totalitarismus charakterisiert.

(Denis de Rougemont,
Die föderalistische Haltung, 1947;
l’aubier, 2012, www.aubier.ch, montézillon, s. 48)

Ja, die Welt ist kompliziert, und ihr Begreifen muss man sich
langsam und all­mäh­lich aneignen.

(Rudolf Steiner,
Der elektronische Doppelgänger, Vorträge Nov. 1917, Futurum Verlag Basel, 2012, S. 48)

Auch dem noch unreifen Menschen, dem Kinde, wollen wir gegenwärtig keine Erkenntnisse eintrichtern, sondern wir suchen seine Fähigkeiten zu entwickeln, damit es nicht mehr zum Verstehen gezwungen zu werden braucht, sondern verstehen will.

Ich gebe mich keiner Illusion hin in bezug auf diese Charakteristik meines Zeitalters. Ich weiss, wie viel individualitätsloses Schablonentum lebt und sich breit macht. Aber ich weiss ebenso gut, dass viele meiner Zeitgenossen im Sinne der angedeuteten Richtung ihr Leben einzurichten suchen. Ihnen möchte ich meine Schrift widmen.


(Rudolf Steiner,
Die Philosophie der Freiheit, Fischer Taschenbuch Verlag, 1985 / Juni 1987, S. 269 ff)

Ein ernstes, wahres, von Ding zu Ding gehendes
Wahrheitsstreben, das allein führt zu wahrer Brüderlichkeit,
das ist der grösste Einigungszauberer der Menschheit.
Das soll als Mittel dienen, das grosse Endziel der
Menschheit, die Einheit, herbeizuführen.

(Rudolf Steiner,
Die Theosophie des Rosenkreuzers, Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung, TB 1985 /1995, S. 166)

In der Kunst und in der Poesie geht es um Schönheit.
Um nichts anderes! Da gibt es keine Form, die
vom Inhalt getrennt werden könnte und umgekehrt. (…)

Wir haben ja den Schönheitsbegriff seit langem
aus der Kunstdebatte verbannt. Gerade dadurch
haben wir eigentlich den ganzen Kunstbegriff verloren.

Ein Kunstwerk ist immer eine Ganzheit aus Kopf,
Herz und Sinnen und wendet sich auch an diese Ganzheit
beim Zuschauer, beim Leser, beim Betrachter.
Schönheit ist Ganzheit, und die ist uns
total verloren gegangen.

(Michael Ende,
Phantasie / Kultur / Politik, 1982, Edition Weitbrecht, S. 102)


Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.


(Joseph Freiherr von Eichendorff)

„Der Genius der Dichtkunst ergreift einen Menschen beim Schopf, wie der Engel den Habakuk, dreht ihn gegen Morgen und sagt: male mir, was du siehst. Dieser tut’s, zitternd und mit Angst, inzwischen kommen aber seine lieben Brüder und zünden ein Feuer unter seinen Füssen an.“

Laut dieser in Jahrtausenden gefestigten Dämonologie muss der Künstler Momente seiner Eingebung durch permanentes Scheitern seines Alltagslebens ausgleichen

(Karen Swassjan
„Andrej Belyj“, Edition Nadelöhr, 2019, KS zitiert F. Hebbel)

zart’sten bogenstrichs
durchsummt
frau sonn
den
morgengarten

(beri tapis,
aus: Gedicht „zukunftsmusik“, 2016)

Die milde Stunde

Als möcht an ihm ich mich aufrecht erhalten,
vermindert sich doch Alltags Sturmgeläut,
verrauscht wie Meergewelles Gischtgewalten

im Hintergrund erstaunten Abends heut;
die milde Stunde summt um Stirnesfalten
der Klarheit Lied, das Sorgsamkeiten streut.

(beri tapis,
2018)

Grün und Weiss vor Sommerblau